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26.11.2019 Erklärung der MLPD Landesleitung Baden-Württemberg

Wer sich wie ein Linker verhält, wird auch so behandelt - wer sich wie ein Gegner verhält, wird auch wie ein Gegner behandelt

1. Angesichts der Rechtsentwicklung der Regierung, der bürgerlichen Parteien und einer akuten faschistischen Tendenz in Deutschland müssen alle fortschrittlichen Kräfte zusammenrücken. Dagegen gibt es seit Monaten ein neuartiges gesamtgesellschaftliches Liquidatorentum1. Es trägt Spaltung in die sozialen Bewegungen. Einen Ausgangspunkt hat es in einer Sicherheitstagung von Monopolen und Verfassungsschutz im März 2019: Sie fordern, eine „Entgrenzung des Extremismus“ zu verhindern. Im Klartext: Marxisten-Leninisten und Revolutionäre sollen isoliert werden. Zum „ausführenden Organ“ dessen machen sich bürgerliche Parteien wie Grüne und SPD und Teile ihrer Jugendverbände, sowie sogenannte NGO's und andere Gruppen wie z.B. „Antideutsche“. Laut schreiend werden seither von einer kleinen, aber aggressiven Gruppe auf Demonstrationen Marxisten-Leninisten attackiert und ausgeschlossen, ihre Fahnen verboten, geklaut und zerstört, Schlägertrupps ausgeschickt, die Polizei gegen sie eingesetzt. Die Masse der Demonstranten hat dafür nur Kopfschütteln übrig, zunehmend auch aktiven Protest und Solidarisierung mit der MLPD. Zu einer solchen Entwicklung muss sich jeder verhalten. 

2. Was tut in dieser Situation die „Revolutionäre Aktion Stuttgart“ (RAS)? Vier ihrer Vertreter brachten auf einem Treffen von „Defend Rojava“ am 19.11.2019 das Fass zum Überlaufen: Christopher Piontek forderte alle Anwesenden auf, bundesweit die Zusammenarbeit mit der MLPD zu beenden, weil sie „ein Sicherheitsrisiko für die linke Bewegung“ sei. Er forderte auf, die zentralen Leitungen anwesender Organisationen „vor der Zusammenarbeit mit der MLPD (zu) warnen“. Dieser offene Aufruf zur Spaltung der wertvollen Anfänge einer Einheitsfront unter anderem im Internationalistischen Bündnis bekommt bundesweiten Charakter. Christopher Piontek kündigte bei diesem Treffen gar eine Verschärfung an. Es sei „legitim, Leute von der MLPD körperlich anzugehen, ihnen die Rote-Fahne-Zeitung mit Gewalt abzunehmen, sie zu zerreißen“. Er drohte, „dass die „Blockade beim Umsonst & Draußen nur der Anfang war“. Die MLPD habe „Ohrfeigen verdient“. Ob bewusst oder unbewusst: er setzt damit die Forderungen von Monopolen und Verfassungsschutz um. Was erwartet die RAS nach solchen Attacken von der MLPD? Dass sie sich ihrem egozentrischen Führungsanspruch unterwirft? Dass sie akzeptiert, dass solches Verhalten zum normalen Ton in der linken Bewegung wird? Soll sich die MLPD zu Schlägereien provozieren lassen? Es gab seitens der MLPD zahlreiche Versuche, die Widersprüche auf solidarischer Ebene zu klären. Aber offenbar ist der Hass auf die MLPD größer als der Wille zur gemeinsamen Sache, auch über bestehende Widersprüche hinweg.

3. Was ist die Vorgeschichte? Mitglieder der RAS tragen seit Jahren Zersetzung und Konfusion in die Bewegung in Baden-Württemberg. Überfallartig werden Bündnisse gespalten, so der Frauentag in Stuttgart ausgehend von Ariane Raad. Leute um die RAS haben in den letzten Jahren hauptamtliche und bezahlte Funktionen im reformistischen Gewerkschaftsapparat von IG Metall und ver.di eingenommen. Entsprechend begrüßt die RAS die Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegen die MLPD ausgehend von der IG-Metall-Führung. Mehr noch: sie will diese auch in sozialen Bewegungen einführen. Unter Führung von Christopher Piontek beim „Umsonst & Draußen-Festival“ am 3. August 2019 wurden vorwiegend ältere Kolleginnen und Kollegen sowie Genossinnen und Genossen, die seit Jahrzehnten als Kommunisten und Umweltschützer engagiert sind, über eineinhalb Stunden in respektloser Weise blockiert, bedrängt, beschimpft, angerempelt und daran gehindert, zu einem öffentlichen Fest zu gehen. Solche Hexenjagden kennen wir aus anderen Zeiten, z.B. der antikommunistischen McCarthy-Ära in den USA. Im Bestreben, die MLPD auszuschließen, werden solche Leute mit bürgerlichen, rechten Kräften wesensgleich. Wer wie die RAS die bürgerliche „Totalitarismustheorie“ verbreitet, die MLPD als stalinistisch verhetzt und mit Faschisten gleichsetzt2, bedient sich der Terminologie von Verfassungsschutz und AfD & Co. Der Antikommunismus ist kein Kavaliersdelikt. Er ist der Kern der reaktionären bürgerlichen Ideologie. Die RAS gibt sich besonders „linksradikal“. Aber sie ist Teil der Kräfte geworden, die versuchen, die wachsende Kritik am Kapitalismus in systemkonforme Bahnen zu lenken und die wachsende Offenheit für den Sozialismus zu zerstören. Opportunismus? Unterwerfung? Karrierismus? Oder steckt hier sogar mehr dahinter? Auffällig, dass im aktuellen Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg über das Lilo-Herrmann-Haus nicht mehr berichtet wird - wie das zuvor lange der Fall war.

4. Warum besteht die MLPD auf ihren demokratischen Rechten und Freiheiten? Man kennt aus der Geschichte die staatliche Taktik gegen Revolutionäre, Eskalationen zum Vorwand verstärkter Repression zu nehmen. Die MLPD lässt sich die wenigen demokratischen Rechte und Freiheiten, die sich die Arbeiter- und Volksbewegung in Deutschland erkämpft hat und die Schlussfolgerungen aus dem Hitler-Faschismus sind, von Keinem nehmen! Gerade angesichts der forcierten Faschisierung des Staatsapparats müssen wir um das Koalitionsrecht, das Versammlungsrecht, das Recht auf Freizügigkeit und das Recht auf freie Meinungsäußerung kämpfen. Die Vertreter der RAS machen das Gegenteil: Sie setzen die vom Staatsapparat gewünschten Maßnahmen mit letztlich denselben Methoden wie der Staatsapparat um: Antikommunistische Angriffe, Hetze, Verbote, Repression. Den letzten Blockade-Versuch gegen die MLPD gab es durch 200 Polizisten beim Rebellischen Musikfestival 2018. Der nächste kam nun von Christopher Piontek und Co. Demagogisch deklarieren er und Ariane Raad sich als Linke, fallen aber selbst hinter bürgerlich-demokratische Rechte zurück und wenden reaktionäre Maßnahmen an. Die MLPD besteht auf der Einhaltung demokratischer Rechte - und wird deshalb von ihnen als reaktionär bezeichnet? Verkehrte Welt! Wenn sich Christopher Piontek und Ariane Raad wie Linke verhalten, dann wird die MLPD sie auch wie Linke behandeln. Das war noch 2011 der Fall, als sie sich mit Christopher Piontek gegen Angriffe des Staatsapparats solidarisierte. Notfalls macht die MLPD aber auch von ihrem Recht Gebrauch, ihre demokratischen Rechte vor Gericht einzufordern. Damit steht sie in guter Tradition der Arbeiterbewegung (siehe unten). Deshalb hatte die MLPD nach den Vorfällen bei „Umsonst & Draußen“, nachdem die geforderte Klärung und Entschuldigung für die Attacken nicht erfolgte, Anzeige gegen Christopher Piontek wegen Nötigung eingereicht.

5. Lächerlich und selbstentlarvend ist der Vorwurf, die MLPD habe Ariane Raad und Christopher Piontek „geoutet“. Ariane ist öffentliche ver.di-Sekretärin; Christopher eingetragener Geschäftsführer des Lilo-Hermann-Hauses. Als solche hat die MLPD die beiden kritisiert. Die RAS selbst hat das erst als Angriff auf „ihre Genossin“3 gewertet und dann als RAS die Attacken gegen das Rojava-Bündnis vorgenommen. Ihre Vorwürfe stellen die ganze Sache auf den Kopf: Erst unterdrückt die RAS aggressiv und in aller Öffentlichkeit Andersdenkende und dann darf keiner darüber reden? Das geht gar nicht! Eine Anzeige wegen seines antikommunistischen Verhaltens wird Christopher Piontek in den Augen des antikommunistischen Staatsapparats wohl kaum gefährden. Angst haben die beiden davor, dass ihr Verhalten in Baden-Württemberg bekannt wird. Aber es ist höchste Zeit, dass die sozialen Bewegungen über ihre Rolle informiert werden und sich klar positionieren.

6. Die MLPD warnt vor trojanischen Pferden innerhalb der revolutionären Bewegung. Die Zeichen der Zeit sind Stärkung des Zusammenhaltes, sachliche demokratische Streitkultur, respektvolle Zusammenarbeit auf Grundlage von Prinzipien und Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten. Wir fordern die RAS eindringlich auf, auf prinzipieller Grundlage zu einer Zusammenarbeit auf Grundlage des Kampfs zu kommen und ehrliche und öffentliche Selbstkritik für ihr Verhalten gegenüber den Genossinnen und Genossen der MLPD zu üben. In einem solchen Fall ist die MLPD selbstverständlich zu einer sachlichen Klärung, Zusammenarbeit auf Augenhöhe und zu einer Rücknahme der Anzeige bereit.

 

MLPD in guter Tradition

Karl Marx führte seinerzeit unter anderem einen Prozess über drei Instanzen gegen den bonarpartistischen Agenten Carl Vogt, der ihn und die proletarischen Revolutionäre öffentlich verleumdet hatte. Er kritisierte 1860 Ferdinand Freiligrath in einem persönlichen Brief: „Ich schreibe dir diesen Brief, weil Du … Dich zu täuschen scheinst über die Tragweite der zu Berlin und London von mir geführten Prozesse. Sie sind entscheidend für die historische Vindikation (Rechtfertigung) der Partei und für ihre spätere Stellung in Deutschland …“ (Marx Engels Werke, Bd. 3, Seite 459-462)

Und bei Lenin heißt es: „Die Marxisten fordern die Vorbereitung des Proletariats auf die Revolution unter Ausnutzung des heutigen Staates; die Anarchisten lehnen das ab.“4

Max Reimann, der Vorsitzende der damals noch revolutionären KPD 1949: nachdem er erklärt hatte, dass die KPD dem Grundgesetz nicht zustimmt, weil es die Spaltung Deutschlands bedeutet und das kapitalistische Privateigentum verewigt, führte er aus: „Die Gesetzgeber werden im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Grundgesetz brechen. Wir Kommunisten aber werden die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes verteidigen.“

Quellen & Links

1 Liquidatorentum: spalterische und zerstörerische Tätigkeit in der Arbeiterbewegung
2 Zum Beispiel Aussage Malena Eckelmann am 3.12.2014: „Das OTKM hat das Recht, der MLPD eine Zusammenarbeit zu verweigern, weil wir auch das Recht haben, Nazis oder Sexisten auszuschließen.“
3 Erklärung der RAS vom 22.04.2019, E-Mail mit dem Betreff „8. März Nachbereitung“
4 Staat und Revolution, S. 142, Fettierung durch Herausgeber dieser Erklärung


Erklärung hier im PDF-Format herunterladen.

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