Breites antifaschistisches Bündnis verhindert lautstark faschistische Propaganda der NPD am 75. Jahrestag der Novembeprogrome
In dem Aufruf des Bündnis heißt es
„Jeder einzelne dieser Toten mahnt uns, dass so etwas nie wieder geschieht. Auch heute töten die Neonazis, mehr als 180 Tote durch rechtsextreme Gewalt und Naziterror seit 1990 sind nicht hinnehmbar. Das Erinnern an diese Toten drückt auch aus, dass sich die Gesellschaft wehrt gegen vergangenen faschistischen und aktuellen Neonazi-Terror. Keinen Fußbreit den Faschisten!
Jedoch: Wie in den letzten Jahren hat die NPD wieder eine Kundgebung am 9. November angemeldet. Wieder wird diese Kundgebung auf dem Borbecker Markt nicht verboten. Die NPD nutzt dieses Datum um die Millionen Opfer des Faschismus zu verhöhnen, in dem dieses Andenken mit Füßen getreten wird. Die Verfälschung dieses Gedenktages durch die NPD wird hier in Essen toleriert statt verboten.“
Nachdem die Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr zum ersten Mal in ihrer Amtszeit aufgrund des immer stärker werdenden Protests in der antifaschistischen Bewegung und Teilen der Bevölkerung eine solche Kundgebung verboten hatte, hob das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen mit einer skandalösen Begründung dieses Verbot gleich wieder auf. Ausdrücklich wird der NPD ihr Recht auf "freie Meinungsäußerung" - also ihrer faschistische Propaganda, auch an den Tag der Novembeprogrnome zugesprochen. So heißt es in der Begründung des Verwaltungsgerichts:
„Hierdurch verliere die Versammlung aber nicht den Schutz der grundrechtlich gewährleisteten Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Dieses Grundrecht schützt grundsätzlich auch rechtsextreme Aussagen – solange sie nicht gegen Strafgesetze verstoßen – und darf nur aus verfassungsrechtlich tragfähigen Gründen eingeschränkt werden, deren Vorliegen hier nicht hinreichend belegt war.“ (Aktenzeichen: 14 L 1550/13).
Dieses Urteil sollte dann auch mit einer immensen Staatsgewalt durchgesetzt werden. Für ein Häuflein von 35 bis 40 Faschisten (Bild 1) wurden dann fast genauso viele Polizeimannschaftswagen (nicht Polizisten!) aufgeboten! (Bild 2)
Die Essener antifaschistische Bewegung sah dies aber berechtigterweise ganz anders. Mit einer breiten Protestkundgebung mit ca. 200 bis 250 Teilnehmern aus der Linkspartei und ‚solid’, der Grünen, der DKP, Gewerkschafter, der DIDF, "Essen steht Auf", dem Jugendverband REBELL, der MLPD, dem Antirassismus Telefon, dem Friedensforum Essen und zahlreichen parteilosen Teilnehmer verhinderten sie lautstark und in einer kämpferischen solidarischen Atmosphäre, dass sie Faschisten ihre Propaganda verbreiten konnten (Bild 3). Hinzukamen immer wieder auch eine Reihe von Leute über der Kundgebung stehen blieben.
Bei der Kundgebung gab es eine Vielzahl von Redebeiträgen. Neben der Rede vom Sprecher des Bündnisses "Essen stellt sich quer", von Vertretern der Linkspartei, der DKP, der Jusos, der MLPD, des Friedensforums Essen, das Antirassismus Telefon, und für den DGB Essen sprach Michael Zühlke (IGBCE).
An der antifaschistischen Kundgebung nahm auch NRW Justizminister Thomas Kutschaty teil, der in seiner Rede die Tendenz hatte, als käme die faschistische Ideologie aus der Mitte der Gesellschaft: Es gehe an einem solchen Tag nicht nur darum, den Aufmarsch der NPD-Anhänger als unerträglich und beschämend zu empfinden und dies auch deutlich zu machen. "Es geht auch um eine Auseinandersetzung in der Mitte unserer Gesellschaft." Wenn dort Dinge wie Fremdenfeindlichkeit toleriert würden, dann könne rechtsextremes Gedankengut immer weiter um sich greifen. Auf dem Widerspruch, das dieses rechtsextreme Gedankengut dagegen von Seiten einzelner staatlicher Intuitionen geschützt und damit objektiv gefördert wird, wie das Beispiel des Gelsenkirchener Verwaltungsgericht deutlich zeigt, darauf ging er leider nicht ein. Über diesen Widerspruch muss sich in der antifaschistischen Bewegung sicherlich noch weiter auseinander gesetzt werden.
Der Sprecher der DKP begrüßt es, dass sie die NPD Kundgebung nun endlich von der Essener Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr verboten werden sollte, kritisierte zugleich aber auch berechtigt warum sie in ihrer Begründung schreibt, dass die Bevölkerung nur zunehmend eine Provokation darin sehen würden, wenn die Faschisten am 9. November auftreten würden. Eine Provokation ist es doch, dass sie überhaupt auftreten dürfen!
Der Sprecher dem MLPD Horst Dotten ging zunächst in seiner Rede auf den geschichtlichen zeitlichen Zusammenhang der Novemberprogrome, den Kriegskurs Hitlers und die Ausrichtung der Faschisten auf den Kampf gegen Sozialismus ein: "Die kriegerische Eroberungen von Lebensraum im Osten zielte auf die ‚ Vernichtung des jüdischen Bolschewismus’ wie Hitler den Sozialismus in der damaligen Sowjetunion nannte. Der Hauptgegner war der Sozialismus.“
Er brachte verschiedene Argumente für das Verbot aller faschistischen Organisation und ihrer Propaganda und für die Auflösung des Inlandsgeheimdienstes des Verfassungsschutzes. Er schloss seine Rede mit der Notwendigkeit die Wurzeln des Faschismus auszumerzen und für eine sozialistische Gesellschaft einzutreten.
Alles in allem eine sehr gelungene breite antifaschistische Kundgebung die das gemeinsame Anliegen "keinen Fußbreit den Faschisten!" ausdrucksstark zur Geltung brachte.
Weitere Links zu dem Thema:
http://www1.wdr.de/themen/politik/rechtedemos100.html
Artikelaktionen